Diskursive Autorität und Unfehlbarkeit – Trump und die „Never Trumpers“

Es steht schlecht um den US-amerikanischen Präsidenten. Folgt man den Aussagen der letzte Woche öffentlich gegangenen Amts­ent­hebungs­verfahrens (genauer eigentlich: den parla­men­tarischen Vorermittlungen dazu, ob ein solches Verfahren formal durchgeführt werden soll), so deutet alles darauf hin, dass Donald Trump staatliche Mittel zur militärischen Unterstützung der Ukraine missbraucht hat, um vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj persönliche politische Gefälligkeiten zu erpressen. Insbesondere sollte die dieser – rechten Verschwörungs­theorien folgend – die Untersuchung einer vermeintlichen Einmischung der Ukraine in die US-Wahlen 2016 einerseits und Ermittlungen gegen den ehemaligen Vize-Präsidenten und aktuellen demokratischen Präsi­dent­schafts­kandidaten Joe Biden und dessen Sohn öffentlich ankündigen. Vor allem letzteres ist Stein des Anstoßes, weil Trump hier die US-Außenpolitik für den Angriff auf einen innenpolitischen Gegner nutzt – und das heißt auch: einen anderen Staat zur Beeinflussung des ameri­kanischen Wahlprozesses auffordert.

In der gesamten bisherigen Diskussion ist auffallend, wie wenig die Republi­kaner*innen letztlich versuchen, den Anschuldigungen substantiell etwas entgegenzuhalten. Stattdessen ziehen sie sich auf sehr formale und zum Teil abstrakte Argumente zurück. Darin kann man zunächst einmal eine Schwäche der Position der Republi­kaner*innen sehen – diese können kaum eine positive Gegenposition beziehen, die behauptet, dass etwas ganz anderes passiert sei, oder aber, dass das Verhalten des Präsidenten begrüßenswert sei. Anderseits machen die Versuche der Republikaner*innen die Vorwürfe gegen den Präsidenten auf einer Metaebene zu zersetzen (eher als zu widerlegen), implizit allgemeine Strukturen des Diskurses und der Konstitution von Zeug*innen sichtbar – insbesondere die Dialektik von Bezeugtem und Glaubwürdigkeit.

Vom „Transcript“ zu den Impeachment Hearings

Vor dem Beginn der Zeugenaussagen vor dem Geheimdienst­ausschuss des Kongresses hatte sich die Diskussion auf die Niederschrift eines Telefonats zwischen Trump und Selenskyj fokussiert und darauf, ob darin nun ein offen­sichtliches „quid pro quo“ formuliert worden war, also die genannten Untersuchungen als Gegenleistungen für die Auszahlung von Hilfsgeldern gefordert wurden. Mit dem nun öffentlich ausgetragenen Vorermittlungen, reicht das mantraartig wiederholte Kredo der Republikaner*innen „There was no quid pro quo“ offensichtlich nicht mehr aus – da eine große Zahl an Regierungs- und Staatsbediensteten die Äußerungen des Präsidenten und die Aktivitäten seines näheren Umfelds (Giuliani, Sunderland) praktisch als genau das Wahrgenommen haben: Die Einforderung eines Gefallens im persönlichen innenpolitischen Interesse auf Kosten nationaler strategischer Interessen.

Angesichts dieser für alle Nachles- und -hörbaren Tatsachen- und Erfahrungs­berichte, verwenden die Republi­kaner*innen immer mehr Energie darauf, diese Aussagen selbst zu entwerten – ohne ihnen unmittelbar wiedersprechen zu müssen und können. Dies ist deshalb ein heikles Unterfangen, weil die Zeuginnen über eine besonders starke Autorität in der Glaub­würdig­keits­ordnung parla­men­tarischer Anhörungs­prozesse verfügen. Diese Position im diskursiven Feld der Sag- und Bezweifelbarkeit wird fast schon rituell am Beginn jeder Zeugenaussage hervorgehoben. Elemente die hier auftauchen: Der langjährige Staatsdienst – auch bei Gefahr und Entbehrungen –, militärischer Rang; die absolute Orientierung am „nationalen Interesse“ bei innenpolitischer Überparteilichkeit. Hört man sich die vom Ausschussvorsitzenden vorgebrachten Beschreibungen der Zeug*innen und ihren Leistungen an, entsteht fast der Eindruck einer Art „Heiligung“ der Sprecher*innen, die diese jeglicher Kritisierbarkeit, vor allem aber jeder Unterstellung unlauterer Motive, entziehen. Interessant ist, in welchem Umfang diese Zuschreibung von Glaubwürdigkeit sich zunächst auf unpersönliche Kategorisierungen (diplomat, Lieutenant colonel, Foreign Service Officer, Purple Heart receiver) gründen. Erst in einem zweiten Schritt werden diese sozusagen personalisiert, wenn das die moralische Untadeligkeit etwa noch einmal durch die Schilderung von Pflichterfüllung angesichts von Entbehrungen und Gefahren angereichert wird oder biographisch die Erfahrung mit Diktaturen und eine daraus folgende uneingeschränkte Loyalität zu Amerika als Zufluchtsstätte hervorgehoben wird.

Strategie 1: Monologisieren, oder: Schweigen lassen und Schweigen machen

Das geringe Interesse der Republikaner*innen, die Anschluldigungen Trump gegenüber auf Ebene der tatsachen zu entkräften, wird sehr anschaulich in ihrem Umgang mit den von Parlament geladenen Zeug*innen. Angesichts der sich stapelnden Hinweise auf ein Fehlverhalten des Präsidenten und der großen Gefahren, die für die Abgeordneten mit Versuchen, die Zeug*innen direkt anzugreifen, einhergeehen würden, scheint einer erste Strategie zu sein, diese möglichst wenig zu Wort kommen zu lassen. Nicht nur der republikanische Oppositionsführer (ranking member) im Geheimdienstausschuss, Devin Nunes, nutzt seine Redezeit kaum für Fragen an die Zeug*innen, die entlastende Sachverhalte ans Licht bringen könnten. Auch die anderen republikanischen Kongressabgeordneten, die jeweils über ein fünfminutiges Zeitfenster verfügen, um die Zeug*innen zu befragen, verfallen immer wieder auf ausgreifende Monologe, in denen die Zeug*innen in die Rolle Publikums geraten, zum Teil aber auch zu einem ‚Referenten‘ – im linguistischen Sinne – über den Gesprochen wird. Exzessiv wird dies etwa vom Abgeordneten Michael Turner ausgelebt, der in der Anhörung der Sicherheitsbeamtin Fiona Hill und des Diplomaten David Holmes fünf Minuten lang durchredet, ohne auch nur eine einzige Frage zu stellen.

Michael Turners Befragung ohne Fragen (5:50:10)

Die Zeug*innen werden hier ‚zum Schweigen gebracht‘, in dem ihrem Sprechen kein Raum gelassen wird. Diese Strategie ist offensichtlich auch den Teilnhemer*innen bewusst. Eine schlichte Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Adam Shiff, nach dem Turner 4:17 Minuten auf Fiona Hill eingeredet und dieser Vorwürfe gemacht hatte führte zu spontanem Gelächter: „Sir, is there … is there a question for Dr. Hill?“ [1]

Das Schweigen ist aber nicht nur die Verhinderung weiterer Tatsachenberichte, es soll auch positiv nutzbar gemacht werden. Die Republikaner*innen entspinnen in ihren Ausführungen Uminterpretationen, Entwertugen und zum Teil auch Verdrehungen der berichteten Tatsachen. Hier soll das Schweigen als eine ‚Nicht-Widersprechen‘ den Anschein einer Bestätigung geben. Dies führt zu der bemerkenswerten Situation, dass die Zeug*innen versuchen müssen, sich dieser impliziten Vereinnahmung zu entziehen, ohne ihrerseits in der Rolle zu sein, von sich aus den Monologen der Abgeeordneten zu widersprechen oder Klarstellungen einzufordern. Deutlich wird das in der Befragung von David Holmes durch Jim Jordan. Nach ausschweifenden Ausführungen, die letztlich darauf abzielen, Holmes als unglaubwürdigen Wichtigtuer zu Rahmen, fragt dieser vorsichtigt:

David Holmes: May I answer that question?
Jordan: Yeah, I’ll get to you, I’ll give you a chance here in a second.
David Holmes: Thank you. [2]

Aber auch wenn Jorden Holmes eine Möglichtkeit zusagt, auf seine Frage zu antworten, ist er doch im folgenden bemüht, seine Antwort durch wiederholte Unterbrechungen zu stören um seine Perpektive monologisch zu setzen. [3]

Jim Jordan „befragt“ David Holmes

Während bei der „Befragung“ durch Micheal Turner weder Hill noch Holmes eine Möglichket haben, sich zu den Feststellunge, Behauptungen, aber auch Vorwürfen zu äußeren (und durchaus eine gewisse Überraschung darüber auf Holmes Gesicht ablesbar ist [4]), kommt es am Ende des Zeitfensters des nächsten republikanischen Abgeordneten, Brad Wenstrup, zu einer bemerkenswerten Szene, in der Fiona Hill die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben wird, ohne dass dieser eine Frage von Wenstrup vorausgegangen wäre. Dies ruft den Protest von Wenstrup hervor, der darauf besteht, dass er seine verbleibende Redezeit an seinen republikanischen Kollegen übergehen hatte. Wärend verärgerung über ausbleibende Antworten auf Fragen der Abgeordneten im Ausschussalltag durchaus üblich sind, ist ein Protest dagegen, dass eine Zeug*in spricht, tatsächlich außergewöhnlich. [5]

Strategie 2: Die Unglaubwürdigkeit der Dritten, oder: Alles ist Hörensagen

In gewisser Weise kann die zweite Strategie der Republikaner*innen im Umgang mit den öffentlichen Anhörungen als ein Versuch verstanden werden, die Aussagen der Zeug*innen zu entwerten ohne in Konflikt mit deren diskursiv heraus­gehobenen Status zu geraten – insbesondere angesichts dessen, dass die Autoritätszuschreibung an entsprechende Staatsamtsinhaber*innen und Militärs traditionell auf republikanischer Seite noch stärker ausgeprägt ist als auf demokratischer. Immer wieder insistieren republikanische Kongressabgeordnete, Sprecher*innen des Weißen Hauses aber auch die Meinungsmacher*innen von Fox-News, dass das Bezeugte lediglich „Hörensagen“ sei – also keine unmittelbare Kenntnis von inkriminierenden Aktivitäten. So monologisiert Devin Nunes etwa bei der Befragung der ehemaligen US-Botschafterin für die Ukraine, Marie Yovanovitch:

They [die Demokrat*innen, D.A.] saw us sit through hours of hearsay testimony about conversations that two diplomats who had never spoken to the president heard second-hand, third-hand and fourth-hand from other people; in other words, rumors.“ [6]

Im Prinzip handelt es sich hierbei um so eine Art verschobene Unglaub­würdig­keits­erklärung. Der Faden von den unmittelbaren Aussagen zu den berichteten Ereignissen soll nicht dadurch abgeschnitten werden, dass man die Sprecher*in selbst der Lüge oder des Irrtums zeiht. Deren Autorität bleibt vielmehr völlig unangetastet, indem einfach deren Informationsquelle (implizit) als mangelhaft ausgewiesen wird – denn, wenn auch diese tadellos ist, dann ist ja auch eine Information aus zweiter Hand korrekt.

Strategie 3: Never Trumper, oder das Kollabieren von Aussage und Sprecher*in

Allerdings blieb es nicht lange bei dieser Strategie – wohl auch in Vorahnung dessen, dass die Untersuchungen sich immer weiter in den inneren Kreis des Trump-Umfeldes vorarbeiten wird. Insbesondere vom Trump selbst, der weniger zimperlich mit der staatstragenden Glaub­würdig­keits­ordnung umgeht, wird wiederholt der Vorwurf vorgebracht, dass die Zeug*innen, und allen voran die Whistle­blower*in, deren Beschwerde die Untersuchung in Gang brachte, „Never Trumper“ seien. Mit diesem Ausdruck wird den Sprecher*innen eine prinzipielle Feindschaft gegenüber Trump unterstellt; damit soll (ohne dies zu explizieren) deren kritische Bewertung der Handlungen des Präsidenten und seiner Handlanger*innen nichtig erklärt werden, da diese sich aus einer allgemeinen Haltung und Vor­einge­nommen­heit ergebe, und nicht aus den beobachteten Tatsachen selbst. Allerdings muss man berücksichtigen, dass Trump bisher nahezu jede Sprecher*in, die seine Handlungen kritikwürdig fand, mit diesem Label belegt hat. [7]

Während die Demokrat*innen versuchen, eine allgemeine Glaubwürdigkeit jenseits der konkreten Aussagen im Verfahren zu etablieren und zu festigen, um die Glaubwürdigkeit der Aussagen auf die Glaubwürdigkeit der Sprecher*innen stützen zu können, zielen Trump und seine Verteidiger*innen letztlich nicht einfach auf die entgegengesetzte Strategie ab: die Unglaubwürdigkeit der konkreten Zeug*innen herauszustellen. Vielmehr streben sie danach, die dialektische Spannung von diskursiver Autorität und Aussage selbst kollabieren zu lassen. Eine Aussage, die Trump unvorteilhaft dastehen lässt wird kurzschlussartig zum Ausweis einer allgemeinen Voreingenommenheit ihm gegenüber, welche dann die Aussage selbst umgehend nichtig macht. Letztlich etabliert diese Argumentation eine diskursive Unfehlbarkeit von Trump, die in ihrer reflexiven Abgeschlossenheit fast religiöse Züge trägt – jegliche Kritik am Staatsoberhaupt hebt sich ihrer Logik zufolge selbst auf und nur noch solche Sprecherpositionen könne existieren, die Trump bestätigen und stützen.

Die Rede von den „Never Trumpers“ vollzieht diese apriorische Abschirmung Trumps von jeglicher Anfechtung insofern auf verschleierte (und verschleiernde) Art und Weise, als man ja durchaus diskutieren kann, ob eine individuelle Vor­ein­genommen­heit einer Sprecher*in den Wahrheitsanspruch ihrer Aussage im Verfahren beeinträchtigt. Es ist letztlich die Verwendung dieses Ausdrucks im Diskurs, die sichtbar macht, dass damit keine Diskussion der spezifischen Glaub­würdigkeit einer Zeug*in geführt wird, sondern die Autorität der Sprecher*in letztlich unmittelbar an den Inhalt des Bezeugten bindet – also letztlich meta-diskursiv die Möglichkeit eines abwägendes Sprechen über Trump selbst angreift. Der Ausdruck der „Never Trumpers“ ist in gewisser Hinsicht damit klassisch „ideologisch“, da seine semantische Oberfläche von seiner pragmatisch-diskursiven Kraft ablenkt.

Aber die beschriebene Überhöhung Trumps zu einer unfehlbaren Instanz, tritt auch noch offener zutage. So begnügt sich Steve Scalise, Vertreterder republi­kanischen Minderheit im Kongress, nicht mit dem Schlagwort der „Never Trumpers“. Auf seinen Versuch, alle Aussagen zum genannten Gespräch zwischen Trump und Selenskyj als „Hörensagen“ abzutun und die beiden Staatschefs zu den einzige unmittelbaren Zeugen des Geschehens zu machen erwidert der Nachrichtensprecher Chris Wallace:

„Well, first of all, a dozen people listened in on the phone call and a number of them were immediately upset because of what the president said about Burisma …“

Woraufhin Scalise einwendet: „Well, those were Schiff’s witnesses.“ [8]

Steve Scalise: Wer nicht für Trump ist, ist unglaubwürdig

Allein die Tatsache von den Demokrat*innen und dem von ihnen gestellten Ausschussvorsitzenden Adam Schiff als Zeug*in geladen worden zu sein oder auch nur eine sie bestätigende Äußerung getroffen zu haben, dis­qualifiziert also jeglichen geäußerten Inhalt. Hier ist auch nicht mehr ober­flächlich eine diskutierbare unabhängige Grundhaltung Ausgangs­punkt um den Wahrheits­anspruch von Aussagen zurückweisen, die Trump in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Letztlich wird der Sinn jeglicher Wahrheitssuche in einem antagonistischen Feld negiert – da jede Aussage, die die Position des politischen Gegners bestätigen könnte, sich genau durch dieses Vermögen selbst immer schon als nichtig erweist.

Nimmt man diese Züge zur reflexiven abgeschossenen Un­fehl­bar­keits­zu­schreibung an Trump ernst, so wird man davon ausgehen müssen, dass eine argumentative Überzeugung der Trump-Anhänger*innen – deren Vorstellungen letztlich nicht mehr an Tatsachen scheitern können, da nicht sein kann, was nicht sein darf – kaum möglich sein wird. Und so verwundert auch nicht, dass Chris Wallace Reaffirmation der diskursiven Autorität der Sprecher*innen hinter den Trump inkriminierenden Aussagen, letztlich nur ein einem ausweglosen Patt enden kann.

Wallace: „No Sir, they are career foreign service officers, these are people who work in the Trump administration.“
Scalise: „But they are Schiff’s witnesses.“ [8]

Was sich hier im Kleinen abzeichnet, wurde und wird wohl in den folgenden Anhörungen zur Amtsenthebung immer weiter aufgeführt werden. Dabei hat sich diese Geste einer Entwertung von Aussagen durch eine vermeintlich ausschlaggebende Anti-Trump-Haltung in den vergangenen Woche so weit etabliert, dass diese kaum noch explizit aufgerufen werden muss. Dies machen insbesondere die Anspielungen in der Befragung der Rechtsexpert*innen Noah Feldman, Pamela S. Karlan, Michael Gerhardt and Jonathan Turley vorm Justitzausschuss des Kongresses durch den republikanischen Abgeordneten Matt Gaetz deutlich. Anstatt ein explizites Argument zur Glaubwürdigkeit des eingeladenen Rechtsprofessor*innen vorzubringen, fragt er Michael Gerhardt und Pamela S. Karlan nach vergangenen Spenden an demokratische Präsidentschaftskandidat*innen. Insbesondere der Name „Clinton“ soll hier augenscheinlich eine besondere Entwertung der Aussagen bewirken, wohl auch weild ie Republikaner*innen an anderer Stelle bemüht sind die gesamten Amtsenthebungsprozess als eine Rache von Hillary Clinton und ihren Anhängern für die verlorene Wahl zu rahmen.

Gaetz: Professor Karlan, you gave 2000 bucks- (.) or you gave a thousand bucks to Elizabeth Warren, right?
Karlan: A: I believe so
Gaetz: You gave 1200 bucks to Barack Obama?
Karlan: I have no reason to question that
Gaetz: And you gave 2000 bucks to Hillary Clinton?
Karlan: That’s correct. (unaudible)
Gaetz: Why so much more for Hillary Clinton than the other two?
Karlan: Because I’ve been given a lot of money to charity recently because of all the poor people in the united states.
[9]

Schließlich hält Gaetz Karlon noch vor, auf einem Panel gesprochen zu haben, dass „Vs. Trump“ betitelt gewesen sein woll. Bei Noah Feldman führt Gaetz nun wiederum vor, weitere Aussagen und Tätigkeiten des Präsidenten als “impeachable” gekennzeichnet zu haben. Aufgerunfen wird damit wiederum ein Motiv, dass den Demokrat*innen des Kongresses immer wieder vorgehalten wird: diese währen immer schon für eine Amtsenthebung Trumps gewesen, und darum könnten die Gegenstände des Amtsenthebungsverfahrens letztlich nur willkürlicher Vorwand für eine entsprechende Initiative sein, statt ein einschneidendes Fehlverhalten des Präsidenten zu bilden. Diese Schlagrichtung wird allerdings von Gaetz selbst in gewisser Weise konterkariert, da er darauf Verweist, dass dieser selbst ein Amtsenthebungsverfahren zu einen früheren Zeitpunkt kritisch gesehen hatte [10].

Zugespitzt wird diese implizite Unterstellung, dass niemand der nicht für Trump ist in der Lage wäre, ein sachliches Urteil zu seinem Verhalten zu fällen, wird, wenn der republikanische Abgeornete Tom McClintock wenige später umumwunden wissen will, wer von den Expter*innen für Trump gewählt habe, was zu deutlichen Protesten auf Seiten des Befragten und letztlich zur Klarstellung des Ausschussvorsitzenden Jerry Nadler führt, dass die Frage zwar gestellt werden darf, aber nicht beantwortet werden muss. [11]

Tom McClintock: Wen haben Sie gewählt?

Nun wird in keiner der oben genannten Situationen anschließend die explizite Schlussfolgerung formuliert: Und darum sind sie nicht in der Lage eine glaubwürdige Position zu den Handlungen Trumps einzunehmen. Gerade im Hinblick auf die diese Fragen und Andeutungen umgebenen Vorwürfe, „Never Trumper“ oder gar auf Rache sinnender Clintonfanatiker zu sein, ist aber deutlich, dass diese implizit eine Positionierung aufrufen sollen, die jegliche kritische Einschätzung zu Trump von bestehenden äußeren Sachverhalten entkoppelt und so nichtig machen soll.

Angesichts dessen, wird es politisch wohl weniger entscheidend sein, wer innerhalb dieser Diskussion die überzeugenderen Argumente vorbringt. Diese können bei passender Grundhaltung beliebig ausgeblendet werden. Vielmehr wird entscheidend sein, in welchem Ausmaße es den Republikaner*innen gelingt ihre Stammwählerschaft und ihnen Wohlgesonnene auf ihren selbst­be­stätigenden Standpunkt zu ziehen, in dem die Unschuld Trumps letztlich immer schon vorausgesetzt ist. Andererseits, und dessen sind sich die Demokrat*innen anscheinend sehr bewusst, ist es entscheidend, inwiefern die Glaubwürdigkeit der Zeug*innen unabhängig von den politischen Implikationen ihrer Aussagen geltend gemacht werden kann; und spiegelbildlich, in wie weit die republikanische Strategie der apriorischen Unglaub­würdigkeits­erklärung jeglicher Kritik an Trump als unangemessene Herabwürdigung autorisierter Sprecher*innen – hochrangigen Mitarbeiter*innen des Staatsapparats, medaillenbehangenen Militärs etc. – wahrgenommen wird.

Ist da eine Sprecher*in hinter dem Sprechen? Die Konstitution und Dekonstruktion diskursiver Authorität

Über die politischen Implikationen hinaus machen die Auseinandersetzungen um die Glaubwürdigkeit der Zeug*innen in den Vorermittlungen zur Amtsenthebung Trumps auch die theoretische Bedeutung der Konstitution diskursiver Autorität außerhalb der Aussage selbst deutlich. Dies steht in einer gewissen Spannung zu einer poststrukturalistisch-pragmatischen Interpretation von Sprechakten, die sich gegen die Annahme einer fixierten Sprecher*in hinter und vor der Aussage wendet und die subjektkonstituierende Kraft des Äußerungsaktes selbst betont. [12, 13] Damit wurde inbesondere die Kritik des Autors als Urprung des Texte, aber letztlich auch allgemeiner die Kritik der klassischen Kategorie des Subjekts aufgegriffen und weitergeführt, die Autoren wie Ronland Barthes und Michel Foucault im Gefolge des Strukturalismus herausgearbeitet haben. [14, 15] Wenn auch keineswegs zu einer metaphysischen Stellung des Subjekts als absolutem Ursprung der Aussage zurückgekehrt werden soll, und wenn analytisch die Verstrickung der Autorität der Sprecher*in selbst in den Akt des Sprechens zu berücksichtigen ist – das „Gelingen“ eines Sprechakts ist nicht hinreichend durch den Äußerungskontext sichergestellt –, wird doch deutlich: Die relative Unabhängigkeit der Sprecher*in und ihrer Glaubwürdigkeit bleibt in der „performativen“ Theorie der Sprecher*innen­konstitution unterbelichtet. Relativ ist diese Unabhängigkeit u. a. deshalb, weil die Autorität einer Sprecher*in nicht einfach eine innere Eigenschaft dieser selbst ist, ihr nicht „gehört“, sondern abhängig ist von einer – ihrerseits umkämpften und situativ zur Geltung gebrachten – Ordnung der Glaubwürdigkeit von Sprecher*innen. Wenn man so will führt die Berück­sich­tigung einer den spezifischen Sprechakt übergreifenden Konstitution des sprechenden Subjekts damit zurück zu einem Ursprungsmotiv der Diskursanalyse, das es zu wieder-holen, also durch die Diskussion der letzten Jahre hindurch neu zu gewinnen gälte.

Nachweise

[1] https://youtu.be/MpTIb_HubrY

[2] https://youtu.be/MpTIb_HubrY?t=19452

[3] https://youtu.be/MpTIb_HubrY?t=19738

[4] https://youtu.be/MpTIb_HubrY?t=21310

[5] https://youtu.be/MpTIb_HubrY?t=21765

[6] https://www.washingtonpost.com/politics/2019/11/16/transcript-marie-yovanovitchs-nov-testimony-front-house-intelligence-committee/

[7] https://edition.cnn.com/2019/11/18/politics/donald-trump-never-trump-jennifer-williams/index.html

[8] https://youtu.be/iXiWxXKobUc?t=300

[9] https://youtu.be/MUSQaYHJAiI?t=23282

[10] https://youtu.be/MUSQaYHJAiI?t=23213

[11] https://youtu.be/MUSQaYHJAiI?t=26007

[12] Derrida, Jacques 1988: Signature Event Context, in: Limited Inc. Evanston: Northwestern University Press, 1–21.

[13] Butler, Judith 1997: Exitable Speech. A Politics of the Performative, New York/London: Routledge.

[14] Barthes, Roland (1968): La mort de l’auteur, in: Le bruissement de la langue, Paris: Seuil, 61–67.

[15] Foucault, Michel (1994): Qu’est-ce qu’un auteur? in: Dits et écrits, Paris: Gallimard, 789–821.

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