In einem jüngst im Merkur erschienen Auszug aus seinem neuen Buch „Der arbeitende Souverän“ setzt sich Axel Honneth aus einer sozialtheoretischen Perspektive kritisch mit dem Anliegen der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens auseinander. Dabei weist er die Annahme zurück, dass das bedingungslose Grundeinkommen die Demokratisierung stärke, indem es mehr Freiraum für politischen Engagement schafft. Honneth sieht die Arbeitsbeziehungen als eine Voraussetzung für die politische Vergesellschaftung. Darum wendet er sich gegen den Versuch, Demokratisierung möglichst von der Arbeitswelt zu entkoppeln und plädiert stattdessen für eine Demokratisierung der Arbeitswelt selbst, als Grundlage kollektiver demokratischer Praxis.
„(K)eine Arbeitsteilung ist auch keine Lösung – zu Axel Honneths Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens“ weiterlesenNationalismus und Demokratie – zwischen Integration und Desintegration
In der aktuellen Ausgabe des Merkur hat Claudia Gatzka einen interessanten Artikel zur Zeitgeschichte des Nationalismus geschrieben. Gatzka fasst Nationalismus nicht als das andere (realer) liberaler Demokratien, sondern als einen mehr oder weniger integrierten oder desintegrierten Bestandteil von diesen. Vor diesem Hintergrund wäre das Auftreten und Erstarken der AfD weniger als ein Neuentstehen nationalistischer Positionen zu verstehen, sondern als ein Prozess deren Desintegration – etwa in iberale oder lonservative Parteien (Gatzka 2023: besonders 19 f.).
„Nationalismus und Demokratie – zwischen Integration und Desintegration“ weiterlesenDie Demokratie der Formaldemokraten
Zu was für bewunderungswürdigen Gedankenpirouetten die allpräsenten Formaldemokraten doch fähig sind!
In unnachahmlicher Logik stellt Berlusconi am 2.5.2011 vor dem Gericht von Mailand, als Zeuge in einem Korruptionsprozess geladen, fest: „…però è certamente qualcosa che non va nella direzione giusta per una democrazia di avere il proprio responsabile di governo sottoposto all’umiliazione di passare delle ore in tribunale…“. Es ist also gegen die Demokratie, wenn die gewählten Regierungsvertreter gezwungen werden können, ihre kostbarste Zeit in einem Gerichtsgebäude zu verbringen.
Was heißt unnachahmlich? Aus Reihen der CDU ist das natürlich auch möglich! (Und wohl leider nicht nur aus ihren.) Die Liebe Frau Gerda Hasselfeldt bemerkte zu Christian Wulffs Kredit- und Presseaffäre: „Also ich finde, dass das Amt des Bundespräsidenten ein so wichtiges ist und es auch für uns gebietet, dass wir uns mit diesen Details in der Öffentlichkeit nicht auseinandersetzen sollten.“
Perfektere Beispiele zur Unterfütterung der Kritik an der Demokratie als einer leeren Ideologie, einem bloßen institutionellen Sosein lassen sich schwer finden. Die hohen Ämter der Demokratie sind viel zu hoch, als dass man sie kontrollieren, kritisieren dürfte. Oder kurz: Die Demokratie ist viel zu wichtig, als dass man sie ernstnehmen dürfte!