Lob des Speedmetal – Heavy Metal und das Groteske

Metal ist vermutlich da am besten, wo er sich das Gefühl der Übertreibung, ja des Grotesken bewahrt. Daran wird man beim Hören mancher Klassiker erinnert, die im Buch Hear‘ em All des Mainzer Ventil Verlags besprochen wurden. Spüren kann man den Tanz auf den Grenzen des Spielbaren etwa im instrumentalen Intro des Albums Evil Invaders der Speedmetal-Band Razor. Dabei geht es hierbei – und das ist entscheidend – nicht um eine rein technische Grenze. Sie kann nicht durch Perfektionierung eingeholt werden.

Hier liegt der wesentliche Unterschied zum heute unter dem Stichwort Djent versammelten saubergespühlten technischen Exzess. Diesem fehlt gerade das Roh-Groteske, seine Übertreibung kann nur die des liebenswürdigen Nerds sein, der sich über seine Spielerein freut. Wenn die schwedische Band Meshuggah als Inspiration für den Post-Metal des Djent gilt, so lässt sich bei ihnen doch noch dieses groteske Moment neben dem Ausreizen der Technik finden. Interessanterweise zeigt sich das gerade in einem kurzen Moment eines Songs, der die Technizität vorantreibt: War. Auf dem Album Rare Trax veröffentlicht, gilt er als der erste, bei dem die Band auf einen programmierten Schlagzeugtrack zurückgreift, der über weite Strecken brutal durchgeknüppelt wird. Dem kontrollierten Hämmern des Schlagzeugs ebenso wie der Gitarren steht nun aber eine Stimme entgegen, die bei aller Screaming-Technik, roh ist, und paradoxerweise gerade darum jenseits der metaltypischen Inszenierung der Härte steht. Dies wird letztlich in einem winzigen Moment des Songs anerkannt, wenn kurz nach einem langgezogenen und wiederholt brechenden Schrei und just bevor das Geknüppel von Schlagzeug und Gitarre wiedereinsetzt, leise ein kleines Lachen zu hören ist.

Das soll nun nicht heißen, dass das Alles nur ein Spaß ist, nichts Ernstes. Gerade die Spannung von Ernst und dem Absurden, ans Lachhafte grenzenden, ist es, die den Moment des Grotesken im Metal erzeugt. In ihm wird spürbar, dass es nicht alleine um eine inszenierte Gegenwirklichkeit geht, um eine karnevaleske Aufführung (die es natürlich auch gibt, keine Frage). Es ist eigentlich der Moment des Nicht-mehr-ganz-ernst-Nehmbaren, der den Wirklichkeitsbezug des Metal aufrechterhält und diesen gerade deshalb, jenseits aller bloßen Spielerei, ernst werden lässt.

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