Großzügige Hohlgesten

„Auch der Gebäudeeigner scheint nun mit seiner Geduld am Ende: Am Dienstag haben die Stadtwerke bei der Staatsanwaltschaft Mainz einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt. Nach ausgiebigen Diskussionen mit Bauaufsicht, Feuerwehr und Polizei über die Sicherheitslage und die Situation in dem besetzten Haus, habe man gestern Vormittag einen letzten Versuch unternommen, die Besetzer zum Verlassen des Gebäudes zu bewegen und um ein Gespräch gebeten, so Stadtwerke-Sprecher Michael Theurer. Die Besetzer hätten dieses Angebot verstreichen lassen und seien nicht auf die wiederholten Angebote zur freiwilligen Räumung eingegangen.“ (Jacobs 2012)

Unabhängig davon, dass zweifelhaft ist, wer hier nicht zu Gesprächen Bereit ist (Grützner 2012), ist es interessant was doch heute alles ein Angebot sein kann. Besetzerinnen wird „Angeboten“ – wiederholt sogar, so überbordend die Großzügigkeit – das Gebäude freiwillig zu räumen. Nun, da sollten sie aber dankbar sein!

Als ich klein war, meinte ein Angebot zu machen noch, dass man jemand anderem entgegenkommt, ihm etwas gibt für das, was man haben will. Heute scheint es die euphemistische Schönrederei von Kompromislosigkeit zu sein, die Drapierung einer leeren Schachtel als Geschenk. Wie so oft setzt die politische Sprache dabei auf die Dummheit der Hörerinnen, denen man unterstellt den Unterschied zwischen Geschenk und Geschenkverpackung nicht zu bemerken.

Vielleicht machen ja auch bald die Besetzer den Stadtwerken das „Angebot“ ihnen das Gebäude zu schenken.

Grützner, Jens 2012: Obere Austraße Mainz: Treffen zwischen Stadtwerken und Hausbesetzern geplatzt, Allgemeine Zeitung vom 7.8.2012, http://www.allgemeine-zeitung.de/region/mainz/meldungen/12283769.htm (14.8.2012).

Jacobs, Michael 2012: Mainz: Die Luft für Hausbesetzer wird dünner – Stadtwerke stellen Strafantrag, Allgemeine Zeitung vom 14.8.2012, http://www.allgemeine-zeitung.de/region/mainz/meldungen/12309079.htm (14.8.2012).

Eine Antwort auf „Großzügige Hohlgesten“

  1. Eigentum verpflichtet. Und nicht nur dazu, maximalen Profit daraus zu ziehen. So wäre es sinnvoll, leerstehende Räume anderen zur Verfügung zu stellen aber das wirkt sich ja wieder negativ auf den „Markt“ aus. Denn wer bezahlt viel Geld, wenn andere die Sachen umsonst bekommen? Der Kapitalismus hat einfach zu viele MAcken, finde ich…

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