Russifizierter Sozialismus?

Für mich ist immer wieder schwierig zu verstehen, dass die Linke zum Teil immer noch eine letztlich nationalistisch verkürzte Vorstellung des Erbes der Sowjetunion hat. Man möchte meinen, dass die Auseinandersetzung mit dem Stalinismus auch die kritische Reflexion dessen Russifizierungsbemühungen kritisch durchgearbeitet hätte. Und auch der Postsozialismus böte einer internationalistischen Linken eigentlich wenig Anhaltspunkte für Sympathien gegenüber nationalistisch-imperialen Geschichtsdeutungen. Aber wenn Russland angesichts einer unrühmlichen Tradition antikommunistischer und antislawischer Ressentiments verteidigt wird, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass diese Ressentiments sich eben auch gegen Ukrainer*innen richteten, oder wenn der Roten Armee zum Tag der Befreiung „trotz“ aktueller politischer Geschehnisse gedankt wird, wie soll man das anders verstehen, als das Russland eine besondere und privilegierte Verbindung zum historischen Sozialismus habe? Und was heißt das anderes, als dass die Linke einer nationalistischen (Re-)Interpretation dieses historischen Sozialismus auf den Leim geht?