Ein Blick ins Schwarze Loch – Anmerkungen zu Anja Jonuleits Roman „Rabenfrauen“ über die „Colonia Dignidad“

In ihrem Roman „Rabenfrauen“ nähert sich Anja Jonuleit der Entstehung und dem Innenleben der „Colonia Dignidad“ an. Die „Colonia Dignidad“ war eine in den 1960ern in Chile gegründete Siedlung rund um den evangelikalen Sektenführer Paul Schäfer, der die Sektenmitglieder einer Gehirnwäsche unterzog, sie hat foltern und mit Medikamenten ruhigstellen lassen, der nicht zuletzt fortwährend minderjährige Jungen vergewaltigte und die Siedlung letztlich auch zur Folterstätte für die Militärdiktatur Pinochets ausgebaute. Eine häufig gestellte Frage, die auch der Roman Jonuleits aufgreift: Wie konnte es sein, dass Menschen sich freiwillig in die gefängnisähnliche totalitäre Struktur der Sekte begeben haben? Wie konnte es insbesondere auch sein, dass Ehepartner sich haben isolieren lassen und Eltern sich von Kindern trennen ließen?

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Die Banalität der Vertreibung

Slavoj Žižek schreibt im Anfang seines „Parallax View“, dass das Jahr 2003 zwei erstaunliche Tatsachen zu Tage gefördert habe. Erstens sei Walter Benjamin auf der Flucht offensichtlich von stalinistischen Agenten getötet worden und habe sich nicht, wie bisher angenommen, selbst das Leben genommen. Zweitens sei von Anarchistinnen im spanischen Bürgerkrieg zum ersten mal mit den Prinzipien der modernen Kunst gefoltert worden. Der moderne Künstler Alfonso Laurencic hatte Erkenntnisse der modernen Farb- und Formlehre, wie sie etwa am Bauhaus erarbeitet worden, in die Gestaltung von Zellen als ‚Psychotechnik‘ der Folter eingebaut (vgl. Combalia 2003). „Die Banalität der Vertreibung“ weiterlesen