Ironie und Autorität

„Nous venons ainsi à l’ironie. On peut poser en principe qu’un esprit qui a le goût et les moyens d’imposer la contrainte est imprerméable à l’ironie. On ne voit pas Hitler, pour ne prendre qu’un example parmi d’autres, utilisier l’ironie socratique. Il reste donc que l’ironie demeure une arme sans précédente contre les trops puissants. Elle complète le refus en ce sens qu’elle permet, non plus de rejeter ce qui est faux, mais de dire souvent ce qui est vrai.“ (Camus 2012)

Zugegeben, die Ironie kann ein mächtiges Werkzeug im Kampf gegen die Autorität unter Bedingungen der Zensur sein. Sie wird jedoch stumpf, wenn sie sich gar nicht gegen Autorität richtet, wenn sie gar nicht sagt, was nicht gesagt werden darf, sondern zu einer universell-gleichgültigen Haltung wird. Die kontextlose Lobpreisung der Ironie beraubt sie ihres Vermögens. Sprachlich hat es unendlich viel mehr Wert einen Polizisten ironisch zu beleidigen, als philosophisch einem postmodernen Fetisch der Ironie zu huldigen.

Camus, Albert 2012 [1939]: Le manifeste censuré de Camus [les quatre commandements du journaliste libre], Le Monde vom 17.3.2012.

Transparenz und Ereignis

„Transparent werden die Handlungen, wenn sie operational werden, wenn sie  sich dem berechen-, steuer- und kontrollierbaren Prozess unterordnen. Transparent wird die Zeit, wenn sie zur Abfolge verfügbarer Gegenwart eingeebnet wird. So wird auch die Zukunft zur optimierten Gegenwart positivisiert. Die transparente Zeit ist eine Zeit ohne Schicksal und Ereignis.“

Byung-Chul Han
Transparenzgesellschaft

Psychoanalyse und Täuschung

„Er [Freud, D.A.] spricht davon, den Widersstand aufzugeben. Eine „Instanz“ wird von einer anderen „Instanz“ getäuscht. Der Analytiker gilt als stärker, als fähig zu kämpfen und die Täuschung der Instanz zu überwinden. Aber es gibt keinen Weg zu zeigen, daß das ganze Resultat der Analyse nicht „Täuschung“ sein wird.“ (Wittgenstein 2005: 65)

Das heißt nun nicht, dass das Ergebnisse Täuschung ist, noch, dass Täuschung und Ent-Täuschung keinen Unterschied machten! Was fehlt ist ein eindeutiges Kriterium, welches Täuschung und Aufhebung der Täuschung scheiden könnte. Und dies bricht die Autorität des Therapeuten, ohne jedoch dem Patienten eine priviligiertes Selbstwissen über einen autentischen Zugang zum Selbst zuzusprechen.

Wittgenstein, Ludwig 2005: Gespräche über Freud, in: Vorlesungen und Gespräche über Ästhetik, Psychoanalyse und religiösen Glauben, Frankfurt a.M.: Fischer, S. 61-74. (Aufzeichnungen von Rush Rhees)

Die geölte Stadt

Die Stadt ist keine Fabrik, sondern eine techno-biologische Maschine. Sie produziert blind; sie reproduziert sich und exkrementiert. Die modernistische Stadtplanung versucht die Stadt gut zu ölen und sie so ‚besser‘ zu machen. Aber zu welchem Zweck?

Durch die Blindheit dem Zweck gegenüber liegt in der Stadtplanung Utopie und Dystopie unentscheidbar nebeneinander. Diese Nähe bezeugt der Schauer, den die Hoffnungen des Films Montréal, horizon 2000 heute erzeugen.

Service d’urbanisme de Montréal 1967: Montréal, horizon 2000.

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Mythe et sens

„De son côté, la pensée mythique n’est pas seulement la prisonnière d’événements et d’expériences qu’elle dispose et redispose inlassablement pour leur découvrir un sens ; elle est aussi libératrice, par la protestation qu’elle élève contre le non-sens, avec lequel la science s’était d’abord résignée à transiger.“

Claude Lévi-Strauss
La pensée sauvage

Sorgen

Die Sorgen kommen schon von allein – man muss sie sich nicht machen.

Das Elend des Postfeminismus

Die Piratenpartei zeigt wunderschön, was passiert, wenn oberflächlich gewendete Queertheorien zur legitimatorischen Verschleierung klassischer, naiv-maskulinistischer Positionen dienen. Sie beweist gerade in ihrer dummen Verkürzung, wie unzureichend das Post-Gender-Argument letztlich im Kern ist. Sie bezeugen die fortwährende Notwendigkeit einer feministischen Kritik.

Allgemeines im Konkreten

Die Herausforderung für eine kritische Philosophie liegt darin, sich nicht in der Fragmentierung zu verlieren, ohne aber auf der anderen Seite ins Abstrakt-Allgemeine zu verfallen. Ziel wäre, das Allgemeine im Konkreten, im Dinglichen zu finden. In diesem Spagat kann die kritische Philosophie von der Malerei lernen, die seit der Entdeckung des Realismus in der Renaissance gegen seine Konsequenz der Verdoppelung arbiträrer Partikularitäten kämpft (vgl. Hofmann 1957: 13ff.).
Eine kritische Philosophie, die eine empirische sein muss, sucht in den Dingen, den Tatsachen, nicht nur ihre schlichte Faktizität, sondern auch ihre (singuläre) Art über sich hinauszuweisen und so den Keim einer Konstellation mit anderem in sich zu tragen.

Hofmann, Werner 1957: Zeichen und Gestalt. Die Malerei des 20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M.: Fischer.

Mythos und Geschichte

„Die mythische Geschichte als solche steht im Dienst dieses Kampfes der Struktur gegen das Ereignis. Mit ihrer Hilfe bemüht sich die Gesellschaft, die zerstörerische Wirkung der geschichtlichen Faktoren aufzuheben; durch sie wird das Geschichtliche ausgelöscht, das Ereignishafte getilgt.“

Paul Ricœur
Hermeneutik und Strukturalismus