Der deutsche „Journalist und Autor“ Matthias Matussek zürnt gegen Stefan Niggemeier. Dieser hatte ihm mangelnde Lesekompetenz vorgeworfen, weil er es nicht geschafft hatte, einen (explizit erklärten) Fragebogen der GEW für Siebtklässler richtig zu verstehen. Durch Fragen, die Annahmen über heterosexuellen Menschen implizieren, die sonst häufig gegenüber homosexuellen Menschen bestehen, sollten die Schülerinnen auf diese Vorurteile gestoßen werden. Bezeichnend ist, dass Matthias Matussek den Vorwurf der mangelnden Lesekompetenz in seiner geifersabbernden Replik auf Stefan Niggemeier gleich noch einmal bestätigt. „Wo ist hier der Rollentausch fragt er?“
Dass er diesen nicht sehen kann, liegt vermutlich aber weniger an Matusseks mangelnder Lesekompetenz, noch an seiner persönlichen geistigen Beschränktheit, sondern vielmehr an einer in rechts-christlichen Kreisen grassierenden Homoverschwörungsparanoia. Mit seiner Fehldeutung des GEW-Fragebogens ist er deshalb auch nicht allein. Wie im Rausch wird alles als Zeichen der Angriffs auf die Heterosexualität, die Ehe und christliche Werte allgemein gedeutet. Und wie seine Kumpaninnen ist Matussek geistig schon so sehr von einem herbeiimaginierten schwulen Generalangriff eingenommen, dass er die Stoßrichtung von Fragen nicht einmal verstehen kann, wenn ihm ein Interpretationsleitfaden an die Hand gegeben wird.
„Frage 4 z.B. enthält genau jenes schicke Vorurteil“, schreibt er,“ das aus jedem, der nachfragt, einen ‚Homophoben‘ macht. Nämlich: ‚Ist es möglich, dass deine Heterosexualität von einer neurotischen Angst vor Menschen gleichen Geschlechts kommt?‘“
In der Welt, in die sich Matussek geschossen hat, ist das vielleicht ein Vorwurf, mit dem die armen unterdrückten Heteros sich Tag für Tag auseinanderzusetzen haben. Aber wie ist es mit dem Vorwurf, dass Lesben nur lesbisch sein können, weil sie ein gestörtes Verhältnis zu Männern haben? Und schwule Angst vor Frauen haben?
Und weiter:
„Dass der Sex unter Lesbierinnen weniger von Geschlechtskrankheiten begleitet ist, eine weitere Position dieses Fragebogens, gilt als wahrscheinlich – wo ist hier der Rollentausch, der die Frage ad absurdum führen soll?“
Matussek dürfte eigentlich jedoch nicht entgangen sein, dass es eine breitdiskutierte Petition gegen den Bildungsplanentwurf zur Sexuellen Vielfalt in Baden-Würtemberg gibt, in der unter anderem steht:
„In ‚Verankerung der Leitprinzipien‘ fehlt komplett die ethische Reflexion der negativen Begleiterscheinungen eines LSBTTIQ-Lebensstils, wie die höhere Suizidgefährdung unter homosexuellen Jugendlichen, die erhöhte Anfälligkeit für Alkohol und Drogen, die auffällig hohe HIV-Infektionsrate bei homosexuellen Männern, wie sie jüngst das Robert-Koch-Institut veröffentlichte, die deutlich geringere Lebenserwartung homo- und bisexueller Männer, das ausgeprägte Risiko psychischer Erkrankungen bei homosexuell lebenden Frauen und Männern.“
Wo ist hier der Rollentausch, der die Frage ad absurdum führen soll? Vielleicht ist die Frage viel mehr, wie man ihn nicht sehen kann, wenn man schon darauf gestoßen wird. Matussek, Stängle, Kelle & Co. haben sich eine Welt der Homoverschwörung gebastelt, in der alles nur noch als Angriff auf die Heterosexualität gedeutet werden kann – wie naheliegend andere Deutungen auch immer sind. Und Matussek sagt es ja selbst:
„Nein, lieber Niggi, mit ein wenig gesundem Menschenverstand wird man diesen Fragebogen als ganz natürlichen Baustein eines großangelegten Versuches deuten müssen, Irritationen über die eigene Geschlechtsidentät zu streuen.“
Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen. Ein großangeleter Versuch Geschlechteridentität zu verunsichern. Die qui bono-Frage klopft bereits an. Und irgendeinen armen Deppen wird man schon für schuldig befinden, die Fäden hinter allem zu ziehen.
Literatur: http://www.theeuropean.de/matthias-matussek/8049-matthias-matussek-antwortet-stefan-niggemeier http://www.stefan-niggemeier.de/blog/matthias-matussek-scheitert-an-fragebogen-fuer-siebtklaessler/ https://www.openpetition.de/petition/online/zukunft-verantwortung-lernen-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens